Contemplative Care

Wenn du gekommen bist, um mir zu helfen, verschwendest du deine Zeit. Doch wenn du gekommen bist, weil deine Befreiung mit meiner verknüpft ist, lass uns zusammenarbeiten.

Lilla Watson, australische Aktivistin

Der Begriff „Contemplative Care“ liegt uns am Herzen. In Europa ist er noch weitgehend unbekannt, ganz im Gegensatz zu den USA, wo es bereits viele Einrichtungen gibt, die mit diesem Ansatz arbeiten.

Im deutschsprachigen Raum ist der Begriff „Seelsorge“ geläufiger. Im buddhistischen Kontext ist „Seelsorge“ ein schwieriges Wort. Wir müssen den Begriff im Betreuungsalltag jedoch verwenden, da er in vielen Bereichen rechtsverbindlich ist. Zudem können sich viele Menschen unter „Seelsorge“ etwas vorstellen.

 „Spiritual Care“ ist ein weiteres Konzept, das bei uns immer bekannter wird, doch auch hier gibt es einen Unterschied zu „Contemplative Care“. Während Spiritual Care ganz allgemein nur die spirituelle Fürsorge innerhalb des Pflegebetriebs meint, bezieht „Contemplative Care“ die kontemplative Praxis aller Beteiligten mit ein.

Unsere langjährige Erfahrung in der Seelsorge hat uns gezeigt, dass die Kultivierung einer persönlichen kontemplativen Praxis grundlegend wichtig ist. Mit dieser Basis können wir uns um uns selbst und andere kümmern. Kontemplation ermöglicht uns, die Dinge, die wir in der Begegnung mit anderen erleben, zu transformieren. Wir müssen uns weder vom Leid abwenden und eine Distanz aufbauen, noch müssen wir uns davon mitreißen lassen und selbst mit-leiden. Durch kontinuierliche, konsequente Übung und Reflexion können wir das, was da ist, annehmen und umwandeln. Offenheit und Mitgefühl können in uns Raum finden.

Wir öffnen ein Feld, einen Raum, in dem nicht bewertet, beurteilt, beratschlagt wird. Einen Raum, in dem alles erscheinen darf. Dieses Fundament, das absolut grenzenlose Gesehenwerden-Dürfen des anderen, welches das Entfalten des Gegenübers erst wahrhaftig möglich macht, ermöglicht das bedingungslose und vollständige Annehmen des anderen. Dieses Annehmen und Gesehenwerden birgt das große Potential für eine grundlegende Veränderung, denn nur so kann sich das Gegenüber auch selbst sehen und annehmen. Dies ist die grundlegende Erfahrung von Mitgefühl für sich selbst. Die daraus entstehenden Erkenntnisse sind die Basis für eine sich entwickelnde Verantwortung für das eigene Leben und somit auch jenes der Mitmenschen. Das Wichtige dabei ist der Prozess und die Begleitung dessen.

Um diese Herangehensweise im deutschsprachigen Raum bekannter zu machen, haben wir das US-amerikanische Standardwerk, The Arts of Contemplative Care, ins Deutsche übersetzt. Wir werden das Buch auch an verschiedenen Orten in Österreich auf Lesungen vorstellen (Daten folgen). In unserem Seminarprogramm Verbundenheitspraxis geben wir unsere Erfahrungen in der Seelsorge und der Dialogarbeit weiter.